Sad son covering ears while parents having quarrel at therapy se

Nächste Kindschaftsrechtsreform ante portas

Die LTO berichtet, dass sich eine neue Reform des Kindschaftsrechts in Vorbereitung befindet.

An dem Anliegen, das Kindeswohl auch begrifflich und systematisch im Gesetz stärker in den Mittelpunkt zu rücken und Kinder ab 14 Jahren deutlich stärker in Entscheidungen einzubinden, wird man dabei wenig auszusetzen haben.

Auch dass die Experten dem Ansinnen, das paritätische Wechselmodell als gesetzliches Leitbild einzuführen, eine klare Absage erteilen und auf eine Einzelfallentscheidung verweisen, ist erfreulich.

Ein großer Streitpunkt dürfte aber der Vorschlag sein, unverheirateten Vätern grundsätzlich ein gemeinsames Sorgerecht zuzugestehen. Die bisherige Situation sieht vor, dass Väter, die mit der Kindesmutter nicht verheiratet sind, mit deren Zustimmung durch Sorgeerklärung eine gemeinsame Sorge begründen können. Seit 2010 können Sie diese Zustimmung der Kindesmutter auch gerichtlich erzwingen, wenn keine erheblichen Gründe dagegen stehen. Dieses Verfahren soll nach dem Vorschlag umgedreht werden: das gemeinsame Sorgerecht soll automatisch bestehen und die Kindesmutter hat die Möglichkeit, dem Kindsvater die Mitsorge über das Gericht entziehen zu lassen, wenn erhebliche Gründe vorliegen.

Abgesehen davon, dass ich hinter dieser Umkehrung eine bloße Maßnahme zur Justizentlastung vermute, frage ich mich, in welcher Wirklichkeit die Experten leben. In der Wirklichkeit, die ich beruflich erlebe, existieren sehr viele Männer und Frauen, die den Streit untereinander mittels eines Streits um das Sorgerecht der Kinder fortsetzen. Immer wieder muss ich dabei den Leitsatz des OLG Brandenburg (OLG BrandenburgBeschluss vom 27.9.2016 – 13 UF 64/16) zitieren:

Die gemeinsame Ausübung der Elternverantwortung setzt ein Mindestmaß an Übereinstimmung in wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge und insgesamt eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern voraus. Die gemeinsame elterliche Sorge scheidet aus, wenn eine schwerwiegende und nachhaltige Störung auf der Kommunikationsebene der Eltern vorliegt, die befürchten lässt, dass den Eltern eine gemeinsame Entscheidungsfindung nicht möglich sein wird und das Kind erheblich belastet würde, würde man die Eltern zwingen, die Sorge gemeinsam zu tragen. Die Kommunikation der Eltern ist bereits dann schwer und nachhaltig gestört, wenn sie zwar miteinander in Kontakt treten, hierbei aber regelmäßig nicht in der Lage sind, sich in der gebotenen Weise sachlich über die Belange des Kindes auszutauschen und auf diesem Wege zu einer gemeinsamen Entscheidung zu gelangen. Dann ist zu prüfen, ob hierdurch eine erhebliche Belastung des Kindes zu befürchten ist (vgl. BGH, NJW 2016, 2497 = NZFam 2016, 795 = FamRZ 2016, 1439 mwN).

Gerade bei missglückender, destruktiver und damit tendenziell eskalationsgefährdeter Kommunikation hat eine gemeinsame Sorge auch deswegen auszuscheiden, um die Konfliktfelder zwischen den Eltern so gering wie möglich zu halten.

Sollen solche Eltern tatsächlich von Gesetzes wegen zunächst das gemeinsame Sorgerecht haben, bis ein Gericht gegebenenfalls nach jahrelangem Verfahren dem einen dieses Sorgerecht entzieht? Soll das wirklich mit dem Kindeswohl vereinbar sein?

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