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Die „Kirche des Bizeps“

Als Rechtsanwalt ist man Organ der Rechtspflege und unterliegt einer gewissen Verantwortung über die Interessen des Mandanten hinaus. So darf der Rechtsanwalt z.B. im gerichtlichen Verfahren nicht lügen (im Gegensatz zu seinem Mandanten).

Dass man mit den aktuellen Corona-Einschränkungen Probleme haben kann – verständlich.

Ob man sich allerdings als Rechtsanwalt so verhalten sollte, wie es dieser Kollege tat, ist mehr als eine Geschmacksfrage:

Der Antragsteller, ein Rechtsanwalt, trägt vor, er sei seit mehreren Jahren Mitglied in einem Fitnessstudio in …. Außerdem sei er seit einiger Zeit Anhänger der „anerkannten Glaubensgemeinschaft ‚Kirche des Bizeps‘“. Bestandteil der Religionsausübung sei der regelmäßige Besuch des Fitnessstudios. Mit der angegriffenen Verordnung werde ihm das Praktizieren der von seiner Glaubensgemeinschaft geforderten religiösen Rituale im Fitnessstudio, wie beispielsweise das Gewichte stemmen, verboten. Er werde in seiner Glaubensgemeinschaft nicht mehr als vollwertiges Mitglied anerkannt und müsse täglich aufgrund seiner ständig nachlassenden körperlichen Fitness den Rauswurf aus der Glaubensgemeinschaft befürchten. Durch die staatlich verordnete Schließung hätten sich bei ihm in den letzten Wochen zunehmend unter anderem psychische wie physische Beeinträchtigungen und mangelnde Leistungsfähigkeit im Beruf gezeigt. Alternativen zu dem Besuch des Fitnessstudios, in dem er Mitglied sei, bestünden für ihn nicht. Insbesondere ließen es die widrigen Witterungsbedingungen nicht zu, dass er unter freiem Himmel anderen Sportarten nachgehe.

Entsprechend reagierte der VGH Baden-Württemberg (Beschluß vom 26.2.2021, 1 S 550/21) und urteilte:

1. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei der „Kirche des Bizeps“ um mehr als eine Religionsparodie handeln könnte. Als solche unterfällt sie nicht dem Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG.

2. Ein Rechtsanwalt ist als Organ der Rechtspflege (§ 1 BRAO) in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch dann zu wahrheitsgemäßem Vortrag verpflichtet, wenn er sich selbst vertritt.

Ob die dem Kläger auferlegten Prozesskosten allerdings die qualifizierte juristische Arbeit der mit diesem Unsinn beschäftigten Richter ausreichend vergüten, darf bezweifelt werden.

 

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