Bestimmte Forderungen genießen auch in der Zwangsvollstreckung Privilegien gegenüber anderen Forderungen, beispielsweise Unterhaltsansprüche oder Ansprüche aus vorsätzlichen unerlaubten Handlungen, für die nach § 850d ZPO bzw. § 850f Abs. 2 ZPO die normalen Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen (§ 850c ZPO) nicht gelten.
Der BGH (Beschluss vom 06.04.2016 – VII ZB 67/13) hat nun entschieden, dass ein Vollstreckungsbescheid grundsätzlich nicht geeignet ist, zu einer derartigen Privilegierung zu führen.
Das Mahnverfahren soll dem Gläubiger einen einfachen und kostengünstigen Weg zu einem Vollstreckungsbescheid eröffnen. Ob der geltend gemachte Anspruch zu Recht besteht, wird in diesem Verfahren nicht geprüft, auf seine Begründung und eine Schlüssigkeitsprüfung wird verzichtet. …. Eine materiellrechtliche Befassung des Prozessgerichts findet nicht statt; die rechtliche Einordnung des Anspruchs beruht allein auf einseitigen, vor der Titulierung nicht überprüften Angaben des Gläubigers. Schon deshalb kann eine Bindung für das Vollstreckungsgericht nicht eintreten.
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Denn es geht für den Gläubiger darum, die Voraussetzungen des Vollstreckungsprivilegs nachzuweisen. Dazu bedarf er eines Titels, der seine Berechtigung zu einem erweiterten Vollstreckungszugriff für das Vollstreckungsgericht erkennen lässt. Diese Berechtigung ist ausschließlich durch das Prozessgericht zu beurteilen; die ihm obliegende Prüfung kann durch eine bloße Behauptung des Gläubigers nicht ersetzt werden.
Deshalb wird man für Forderungen, die im Vollstreckungsverfahren möglicherweise privilegiert sind, kein Mahnverfahren mehr durchführen, sondern gleich zum Streitgericht gehen müssen. Ob das der Gesetzgeber, dem es bei der Einführung des Mahnverfahrens um eine Entlastung der Justiz ging, so beabsichtigt hat?